Very british – eine Einführung in die britische Teekultur
Fällt hierzulande der Begriff „Tee“, so werden viele von uns sofort an ein ganz bestimmtes Land denken – Großbritannien. Zwar wird auf den britischen Inseln kein Tee angebaut, dafür sind die Briten echte Weltmeister im Teetrinken und verfügen über die bekannteste Teekultur Europas. Doch was macht die britische Teekultur so besonders? Das wollen wir in diesem Beitrag klären.
Wann kam der Tee eigentlich nach Großbritannien?
Tee ist so fest in der britischen Kultur verankert, dass man meinen könnte, das Heißgetränk wäre schon seit Anbeginn der Zeit auf der Inselgruppe heimisch gewesen. Tatsächlich aber kam der Tee verhältnismäßig spät nach Großbritannien. Erst Anfang des 17. Jahrhunderts hielt das Aufgussgetränk durch die East India Company hier Einzug. Ein Volksgetränk, so wie wir ihn heute kennen, war der Tee damals aber noch nicht. In der Anfangszeit galt er als äußerst exklusiv und war aufgrund seines hohen Preises zunächst nur der Oberschicht und dem Adel vorbehalten.
Das änderte sich 1717. In diesem Jahr eröffnete Thomas Twining nämlich das allererste Teegeschäft in London. Tee wurde massenhaft aus China importiert und mehr und mehr auch den unteren Schichten zugänglich. Bis in die 1830er war China Großbritanniens Hauptlieferant für Tee. Schließlich wurde es jedoch von Indien abgelöst. Etwas später kam dann noch das damals unter dem Namen Ceylon bekannte Sri Lanka dazu. Ceylon Tee ist noch heute in England äußerst beliebt – sowohl pur als auch in Mischungen.
Welche Tees trinkt man in Großbritannien am liebsten?
Der in Großbritannien wohl am häufigsten getrunkene Tee ist Schwarzer Tee. Besonders beliebt sind dabei Schwarztees aus Indien und China. Während bei den indischen Tees ganz klar Assam Tee und Darjeeling Tee die Nase vorn haben, zieht man bei chinesischen Tees den Rauchtee und Tees aus der Provinz Yunann vor.
Schwarzen Tee trinkt man entweder pur oder als Mischung. Beliebte Schwarztee Mischungen sind hierbei natürlich der English Breakfast Tee und auch der Irish Breakfast Tee. Aber auch aromatisierter Schwarztee wandert hier gerne in die Tassen. Ein echt britischer Klassiker ist dabei der Earl Grey Tee mit seinem typischen Bergamotte-Aroma.
Natürlich gibt es in Großbritannien auch Kräutertee und Früchtetee. Diese Teesorten werden dort aber nicht als „tea“ bezeichnet, sondern als „herbal infusion“ oder „fruit infusion“. Das liegt daran, dass sie in der Regel keine Bestandteile der Teepflanze enthalten. Sie sind damit im Gegensatz zu schwarzem Tee koffeinfrei und werden deshalb hauptsächlich von Kindern getrunken.
Zu welchen Anlässen wird in Großbritannien Tee getrunken?
Einen besonderen Anlass für Tee braucht man in Großbritannien nicht. Tee ist ein Alltagsgetränk, das die Briten den ganzen Tag über begleitet. Jedoch gibt es einige feste Teezeiten, an denen der sogenannte „Formal Tea“ zelebriert wird. Von „Formal Tea“ spricht man immer dann, wenn das Teetrinken nicht nur Nebensache ist, sondern der Fokus wirklich auf dem Tee liegt. Während der Arbeit am Schreibtisch sitzend eine Tasse Tee zu trinken, würde nach dieser Definition also nicht unter „Formal Tea“ fallen. Sich am Nachmittag gemeinsam mit Freunden auf eine Tasse Tee treffen hingegen schon.
Diese Teezeiten sind in Großbritannien üblich
Elevenses
Bei den Elevenses handelt es sich um eine Art zweites Frühstück, das meist gegen 11 Uhr am Vormittag eingenommen wird. Bei dieser kleinen Essenpause trinkt man in der Regel eine Tasse Schwarztee und isst etwas Süßgebäck oder Sandwiches. Die Elevenses sind eine erstaunlich junge Tradition. Man geht davon aus, dass es sich hier um eine Erfindung aus dem 20. Jahrhundert handelt.
Afternoon Tea
Für viele ist der Afternoon Tea so etwas wie das Aushängeschild für die britische Teekultur. Der Afternnon Tea ist inzwischen weltbekannt und wird mittlerweile auch außerhalb von Großbritannien in vielen Restaurants, Cafés und Teehäusern abgehalten.
Der Afternoon Tea findet am Nachmittag, also in der Zeit zwischen 15 und 17 Uhr, statt. Zum Tee werden hier Gebäck und andere kleine Snacks gereicht. Meist beginnt der Afternoon Tea mit Sandwiches, die mit Gurke, Ei, Kresse, Schinken oder Lachs belegt sein können. Darauf folgen in der Regel Scones, die mit Clotted Cream und Marmelade serviert werden. Zu guter Letzt gibt es noch Kuchen, Kekse oder ein anderes Süßgebäck.
High Tea
Der High Tea findet in den frühen Abendstunden meist zwischen 17 und 19 Uhr statt. Er stellt oftmals eine Art Abendessen dar, weshalb man hier zum Tee eher herzhafte Speisen reicht. Typisch beim High Tea sind Sandwiches, Pasteten oder Fleisch- und Gemüsegerichte. Oftmals folgt darauf noch ein süßer Nachtisch.
Die Tradition des High Tea stammt aus der britischen Arbeiterklasse. Denn während die Oberschicht ihre Teepause schon während des Nachmittags abhalten konnte, fanden die meisten Arbeiter erst in den Abendstunden dazu Zeit.
Die Bezeichnung High Tea stammt daher, dass der Tee für gewöhnlich an einem hohen Küchentisch sitzend eingenommen wird. Für den Afternoon Tea versammelt man sich dagegen um einen niedrigen Tee- oder Wohnzimmertisch. Deshalb lautet eine alternative Bezeichnung für den Afternoon Tea auch Low Tea.
Milch, Zucker oder pur – wie trinken die Briten jetzt ihren Tee?
Für die einen gehören Zuckerdose und Milchkännchen fest zu jeder Tea Time, für die anderen kommt alleine der Anblick dieser beiden Utensilien einem Sakrileg gleich. Die Frage, wie man den nun seinen Tee zu trinken hat, ist so alt wie die britische Teekultur selbst.
Eine definitive Antwort darauf wird sich wohl nie finden lassen. Aber grundsätzlich gibt es einige Teesorten, die sich besser mit Milch und Zucker verfeinern lassen als andere. Kräftige Tees wie Assam Tee oder den Englisch Breakfast Tee darf man gerne etwas milde stimmen. Darjeeling Tee dagegen sollte aufgrund seines feinen Aromas eher pur getrunken oder höchstens mit etwas Zitronensaft verfeinert werden.
Aber da es sich bei Teegenuss ja schließlich auch um eine Sache der Individualität handelt, gilt eine Regel immer vor allen anderen – erlaubt ist, was schmeckt.
In diesem Sinne, happy tea time!