Die deutsche Teekultur
Mitte des 17. Jahrhunderts kam der erste Tee mit dem Schiff über Holland nach Deutschland. Die erste Anlaufstelle war Ostfriesland, woraufhin sich die speziellste und einzige Teekultur Deutschlands entwickelte und zum Beispiel den bekannten Ostfriesischen Sonntagstee hervorbrachte. Bis dato war Tee lediglich in den höheren Gesellschaftsschichten verbreitet.
Das Teehaus Tee-Seeger, welches in der Marktstraße 27 in Hannover steht, war das erste in Deutschland und wurde im Jahr 1743 eröffnet. Es existiert heute noch. Der preußische König Friedrich II versuchte 1768 den Ostfriesen das Teetrinken zu verbieten. 1778 kam dann von der königlich preußischen Polizeidirektion in Aurich ein Erlass, in dem es hieß, durch das Trinken von Tee würden Gelder und Steuereinnahmen verschwendet und dem Staat Schaden zugefügt werden. Die Ostfriesen reagierten auf diesen Beschluss mit einem erhöhten Schmuggel von Tee. Nach weiteren zwei Jahren wurde der Erlass wieder rückgängig gemacht. Weitere dreimal, während der Napoleonischen Kontinentalsperre und während der beiden Weltkriege mussten sie mit Engpässen und Verknappungen zurechtkommen. Diese Auseinandersetzungen zogen sich bis 1780 als Großbritannien eine Handelssperre über die Niederlande verhängte und viele Kaufleute aus Holland nach Ostfriesland zogen. Ab diesem Zeitpunkt fuhren die etwa 300 niederländischen Handelsschiffe fortan unter der ostfriesischen Flagge. Die Popularität des Tees stieg weiter an und wenig später war Tee in allen Schichten ein sehr beliebtes Getränk.
Bis 2016 hatten die Ostfriesen den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Tee weltweit. Rund 300 Liter pro Jahr wird dort pro Person getrunken. Des Weiteren wurde die ostfriesische Teekultur von der UNESCO-Kommission auf die Liste des immateriellen Kulturerbes gesetzt. Im restlichen Deutschland lag der Pro-Kopf-Verbrauch 2017 bei 27,5 Litern.
Servieren und Genießen
Der Teekult der Ostfriesen ist sehr auf schönes Service aus feinem Porzellan bedacht. Beliebt ist hier das Wallendorfer-Porzellan mit der Ostfriesen-Rose als Motiv.
Der meist aus bis zu 20 verschiedenen Schwarzteesorten, hauptsächlich Assam und Java, zusammengestellte Ostfriesentee, wird in einer vorgewärmten Teekanne aufgegossen. Bevor man den Tee eingeschenkt bekommt, nimmt man sich mit einer Zuckerzange ein Stück Kandiszucker aus einer Zuckerdose und gibt ihn in die Tasse. Der Tee wird durch ein Teesieb eingegossen. Wenn der Kandiszucker beim Aufgießen zu knistern beginnt, dann ist dies ein Zeichen dafür, dass der Tee heiß genug ist. Traditionell rührt man das Heißgetränk jetzt nicht um, sondern gibt die Sahne dazu. Sie wird mit einem kleinen, gebogenen Löffel aus dem Sahnegießer abgeschöpft und vorsichtig in den Tee gegeben. Wenn man alles richtig gemacht hat, bilden sich nun in der Tasse Wölkchen. Damit das auch funktioniert muss aber echte Sahne und keine Kondens- oder Sojamilch verwendet werden.
Die Ostfriesische Teekultur sieht vor, dass der Tee in drei Schichten getrunken wird. Es beginnt mit dem zarten, leicht süßlichen Geschmack aus Tee mit der auf der Teeoberfläche gebildeten Wolke aus Sahne. Gelangt man zur Mitte der Tasse schmeckt man fast ausschließlich die pure Ostfriesen-Mischung. Und ganz zum Schluss, wenn der Tassenboden schon zu sehen ist, sticht das nun bereits aufgelöste Stück Kandiszucker im Geschmack hervor und versüßt den sonst so kräftigen Tee. Bei einer traditionellen „Teetied“ werden mindestens drei Tassen Tee, auf die beschriebene Weise getrunken.