Die indische Teekultur
Indien gehört mit seinen beiden Anbaugebieten Assam und Darjeeling zu den wichtigsten Produktionsländern für schwarzen Tee. Im Gegensatz zu China, wo sich die Geschichte des Tees über mehrere Jahrtausende zurückverfolgen lässt, reicht sie in Indien nur etwa 180 Jahre zurück. Ausgefeilte Zeremonien und Rituale rund um Tee konnte das Land in dieser kurzen Zeit nicht entwickeln. Aber dennoch gibt es in Indien eine blühende Teekultur. Und mit genau dieser beschäftigt sich der folgende Beitrag.
Wie der Tee nach Indien kam
Seinen heutigen Spitzenplatz auf der Rangliste der Teeproduzenten hat Indien, wie soll es sonst auch anders sein, den Engländern zu verdanken. Dort war Tee schon seit dem 17. Jahrhundert ein äußerst beliebtes Getränk und wurde aus China importiert. Im Laufe der Geschichte kam es jedoch immer wieder zu bewaffneten Konflikten zwischen den beiden Ländern. Die Engländer begaben sich deshalb auf die Suche nach eine neuen Bezugsquelle für ihren Tee, mit dem Ziel sich von China unabhängig zu machen. Und so wagte man im Jahr 1825 den ersten Versuch, Tee in Indien zu kultivieren. 1833 gelang das Kunststück endlich und Indien versorgte von da an den europäischen Kontinent mit Tee.
Mit einer zunehmenden Produktionsrate wurde Tee nun auch der breiten indischen Bevölkerungsmasse zugänglich. Der aus China importierte Tee galt lange als Luxusgut, welches ausschließlich der indischen Oberschicht und den britischen Kolonialherren vorbehalten war. Der Grundstein für die indische Teekultur war damit gelegt.
Drei unterschiedliche Zubereitungsarten
Eine genormte Teezeremonie mit fest vorgeschriebenen Regeln und Abläufen gibt es in Indien nicht. Stattdessen haben sich hier im Laufe der Zeit drei ganz verschiedenen Arten der Teezubereitung entwickelt.
So orientiert sich die indische Oberschicht noch immer an der britischen Teezeremonie, das heißt, sie trinkt ihren Tee entweder mit Milch oder Zitrone verfeinert. Die wohl beliebteste Zubereitungsart ist aber wohl der Masala Chai was auf Deutsch „gemischter Tee“ bedeutet. Hier wird der Tee nicht wie bei uns mit Wasser aufgegossen, sondern in Milch aufgekocht. Verfeinert wird alles mit Gewürzen wie Zimt, Nelken, Anis oder Kardamom und etwas Honig. Meist hat jede Familie ihr ganz eigenes Rezept für Masala Chai. So wandert in der Himalaja-Region gerne eine Prise Salz in den Tee und statt Kuhmilch kommt hier Ziegenmilch zum Einsatz.
Während es sich bei den beiden vorhergehenden Varianten um schwarzen Tee handelt, greift man im nordwestlich gelegenen Kaschmir lieber zu grünem Tee, welcher zusammen mit Kardamom und Safran aufgekocht wird. Das Getränk ist dort unter dem Namen Kashmiri Chai bekannt und schmeckt würzig-herb.
Rituelles Teegeschirr sucht man in Indien übrigens vergeblich. Hier gilt – aus der Lieblingstasse schmeckt der Tee immer noch am besten.
Der Genuss steht im Vordergrund
Einen spirituellen Kontext gibt es bei der indischen Teekultur nicht. Während man in China und Japan nach Erleuchtung und innerer Einkehr such, geht es in Indien um den reinen Teegenuss. Bei einer leckeren Tasse Tee lässt es sich gut abschalten und die schönen Seiten des Lebens genießen. Tee lädt zum Entspannen ein und bietet eine gute Gelegenheit für einen Austausch mit Freunden oder Familienmitgliedern in gemütlicher Runde.